Wir erreichten Tadjikistan an einem Regentag. Der Grenzübertritt dauerte drei Stunden und kostete 150 Dollar. Keine Ahnung wofür, aber irgendeine Gebühr ist noch jedem Land eingefallen…
Aber… Tadjikistan hinterließ einen guten ersten Eindruck. Die Straße war jeder Überlandstraße in Vorarlberg ebenbürtig, wir fanden gleich einen Parkplatz mit Mülltonne 😉 und im ersten Ort konnten wir gleich die wichtigsten Dinge erledigen (SIM-Karte organisieren, Geld wechseln, Brot kaufen). Nur der Übernachtungsplatz wurde zur kleinen Herausforderung. Der Regen hatte das Erdreich naben der Straße zu einer Schlammgrube werden lassen, die sich für uns im besten Fall für eine Rutschpartie eignete. Zudem hatte er ziemlich viel Gestein auf die Fahrbahn rutschen lassen, was unbedingt erforderte, dass wir genügend Abstand zum Berg halten. Glücklicherweise fand sich dann doch noch ein geeigneter Platz, bevor es dunkel wurde!
Am nächsten Tag fuhren wir nach Duschanbe. Die Straße war stark befahren (auch viele LKWs), wurde zunehmend schlechter und schraubte sich über einen Pass auf 2700 m rauf und wieder runter. Die steile, enge Schlucht war aber beeindruckend schön und auch die noch schneebedeckten Berge im Sonnenschein gefielen uns gut.
Duschanbe empfing uns wunderbar sonnig und warm! Unser Sightseeing-Spaziergang fühlte sich schon fast wie im Sommer an! Ansonsten machten wir noch ein paar Einkäufe und verließen die Stadt dann auch relativ schnell wieder.
Auf der „nördlichen“ Route fuhren wir dann weiter Richtung Pamir und fanden, mit Blick auf die Mega-Baustelle des künftig größten Staudammes der Welt, einen genialen Nachtplatz. Es muss eine ehemalige Siedlung gewesen sein, denn in der Erde waren immer noch die Fundamente der Häuser und boten uns gleich mehrere gerade, saubere Stellflächen. Wolfi nutzte die Gelegenheit und machte ein paar Reparaturen und Wartungsarbeiten und weil es so schön war, blieben wir noch einen ganzen Tag und eine weitere Nacht.
Am nächsten Tag sollten wir an derselben Stelle nochmal Mittagspause machen, jedoch mit drei Stunden Fahrt dazwischen. Auf unserer Strecke kamen wir nämlich über eine Passstraße nicht weiter. Man ließ uns nicht fahren, wegen Schnee gesperrt… Keine Ahnung, wir holperten jedenfalls den ganzen Weg wieder zurück um dann am Anfang der „südlichen“ Route am Stausee bei Norak zu übernachten. Hier bekamen wir immerhin die derzeit noch höchste Staumauer der Welt zu sehen… 😉
Und die Route war ebenfalls sehr schön! Zwischenzeitlich war auch die Straße ganz gut, da der Präsident rund um seine Heimatstadt alles gut herrichten ließ. Kaum fort aus der Region jedoch, holperten wir schon wieder weiter durch eine Landschaft die stark an „Auenland“ erinnerte. Als wir dann die autonome Region Gorno-Badakhshan (GBAO; auch der Pamir zählt dazu) erreichten, wurde die Straße wieder super und wir glitten förmlich eine kleine Passstraße hinunter, bis wir Blick auf Afghanistan und den Grenzfluss Panj hatten. Dort übernachteten wir auf einem Hügel mit Ausblick und folgten die nächsten Tage immer weiter dem Panj. Schon vor Qala-i-Khumb wurde die Straße wieder zur Holperpiste und sollte sich auch nicht mehr grob ändern, obwohl sie die einzige Verbindung für den gesamten Verkehr (inklusive Warentransporte per LKW mit Hänger!) über den Pamir ist. Aber, landschaftlich natürlich erste Klasse. Die Straße führt direkt am Grenzfluss entlang. Eine tiefe Schlucht, oft mit steil aufragenden Felswänden und auf der anderen Seite kann man den Menschen in den Dörfern Afghanistans zuwinken. Wir hatten dann auf tadjikischer Seite ein spezielles Erlebnis. Eigentlich blieben wir nur stehen um an einem Wasserrohr unsere Tanks zu füllen. Kaum aber waren wir ausgestiegen, wurden Erik und ich schon von einer Frau zum Tee eingeladen. Natürlich gingen wir mit und wurden reichlich bewirtet. Brot, Joghurt, Äpfel, Kirschsaft und Kekse kamen neben dem Tee auf den Tisch. Alles außer der Kekse natürlich selbstgemacht! Leider konnten wir uns so gut wie gar nicht verständigen, bedankten uns aber wenigsten mit ein paar Geschenken für die Kinder. Was allerdings zur Folge hatte, dass auch Erik eine Wasserpistole geschenkt bekam und wir am Ende mit einem riesigen Fladenbrot, Äpfeln und dem Kirschsaft verabschiedet wurden…
Und das sollte uns noch zu, Verhängnis werden… Denn die Geschenke legten wir achtlos auf die Rückbank, was am Ende unserer Tagesetappe in Kirschsaft eingeweichtes Brot und Flecken auf Eriks Bettzeug ergab. Also wieder einmal Waschen angesagt 😏. Die Hirschseife jedenfalls kommt ziemlich oft zum Einsatz!
Nun trennten uns noch zwei Tagesetappen von Khorugh, der Stadt am Eingang zum Pamir. Der erste davon war ein Regentag. Für uns soweit kein Problem, auch wenn einem eine enge Straße mit der steinigen Felswand auf der einen und dem Abgrund zum Fluss auf der anderen Seite, mit Wasser überall manchmal unheimlicher ist, als bei Trockenheit. Irgendwann jedoch war die Straße versperrt von zwei PKWs, die im Schlamm hilflos steckengeblieben waren. Alle Männer, die versuchten irgendetwas auszurichten, standen schon barfuß, wadentief im Schlamm und nach wenigen Momenten tat Wolfi es ihnen gleich. Er begutachtete die Lage und konnte schließlich beide Fahrzeuge mit unserem Bergematerial herausziehen. Sie waren sehr dankbar und von dem einen Fahrer bekamen wir dafür kiloweise Äpfel geschenkt, die am Abend sofort zu Apfelmus verarbeitet werden mussten…
Am nächsten Tag erwartete uns wieder strahlender Sonnenschein. Die Straße wurde auch etwas besser und so kamen wir gut voran. Um die Mittagszeit erreichten wir Khorugh, nicht ohne zuvor noch einmal gutes Karma gesammelt zu haben. Ein Auto war am Straßenrand gestrandet. Das Abschleppseil war schon fertig vorbereitet und so sah ich gleich, was Sache ist. Wir blieben stehen und schleppten sie bis zur nächsten Tankstelle ab, wo sie ihren Gastank wieder füllen konnten.
In Khorugh dann nutzten wir den Nachmittag dafür, auf dem doch recht üppig bestückten Basar unsere Vorräte ordentlich aufzufüllen. Danach spazierten wir durch den Stadtpark zur Touristeninformation. Dort stellte sich heraus, dass wir am Vortag den Vater des jungen Mannes, der uns empfing, aus dem Schlamm gezogen hatten. Ich glaube, das verschaffte uns einige Sympathiepunkte, aber bestimmt bekamen wir nicht nur deshalb hilfreiche Tipps und Informationen für unsere folgende Fahrstrecke. Anschließend konnten wir noch im kleinen Souveniershop mit Handarbeiten aus der Region ein bisschen einkaufen, ehe wir dann den Heimweg antraten und auf dem Parkplatz neben dem Park übernachteten.
Bisher lässt sich zusammenfassen, dass der sogenannte Pamir-Highway eher eine Straßenfrechheit ist, aber diese Holperpisten sind wir mittlerweile ja fast schon gewöhnt. Es wurde uns jedenfall berechtigte Hoffnung gemacht, dass die Verhältnisse durch den Wakhan Korridor eindeutig besser sein sollen. Aber wie es auch immer sein wird, wir freuen uns darauf, in wenigen Tagen auf dem Dach der Welt zu stehen 🤩!